Cyanotypie auf Naked Raku Keramik
Manche Ereignisse brauchen ihre Zeit, bis sie sich zusammen fügen. In diesem Fall meine Begegnung mit der Cyanotypie.
1999 las ich in einem Zeitschriftenartikel zum ersten Mal von dieser Technik aus den Anfangsjahren der Fotografie. Ich verliebte mich sofort heftig in die wunderschönen Blautöne und hängte mir einige der Abbildungen an die Wand meines Zimmers. Dann vergingen 15 Jahre… und 2014 durchblätterte ich das Kursprogramm der Europäischen Kunstakademie in Trier und da gab es, ganz neu, einen Kurs in Cyanotypie!
Diesen Kurs habe ich sofort gebucht. Und natürlich war da die Hoffnung, dass ich dort vielleicht nicht nur lernen würde, wie man Cyanotypien auf Papier herstellt, sondern auch erfahren, ob es auf Keramik ebenfalls möglich ist. Die Kursleiterin hatte dann zwar keine Ahnung, ob es funktioniert, sagte aber das in diesem Fall Bestmögliche: Probier es einfach aus!
Was es dazu braucht
Wie funktioniert Cyanotypie? Cyanotypie beruht auf einer lichtempfindlichen Flüssigkeit, unter dem Einfluss von UV-Strahlung färbt sich diese Flüssigkeit dauerhaft blau. Man trägt diese Flüssigkeit also auf ein Stück Papier auf. Dann legt man z.B. Pflanzen darauf oder ein Fotonegativ und stellt alles für eine Weile in die Sonne. Nach der Belichtungszeit kommt das Fotopapier in Wasser als Entwicklungsbad. Dort, wo UV-Licht die Reaktion ausgelöst hat, entwickelt sich die blaue Farbe. Die abgedeckten Bereiche, dort wäscht die Chemikalie sich wieder aus und sie bleiben weiß. Hat sich nur ein Teil der Chemikalie umgewandelt, entstehen hellere Blautöne.
Und auf Keramik? Das Grundprinzip ist exakt das Gleiche. Aber ich brauche eine Keramik, die ähnliche Eigenschaften hat wie Papier. Niedrig gebrannt und unglasiert, damit die Cyanotypierlösung in den Ton einzieht, nach dem Belichten aber auch wieder ausgewaschen werden kann. Geschrühter Ton (also ein Mal bei ca. 1000°C gebrannte Keramik) erfüllt diese Voraussetzungen. Trotzdem hatte ich anfangs nur Misserfolge. Da ich aber davon überzeugt war, dass es technisch gesehen einfach funktionieren MUSS und es auch UNBEDINGT wollte, habe ich letztlich die richtige Methode gefunden.
O.k., es funktioniert also auf geschrühter Keramik. Aber es gibt noch eine Art Keramik, die die Voraussetzungen erfüllt, nämlich Naked Raku. Es ist niedrig gebrannt und bei Naked Raku Keramik pellt man nach dem Raku Brand die Glasur wieder ab, also ist es nicht mehr glasiert. Ich habe einen tollen schwarzen Kontrast durch Bereiche, die beim Brennen schwarz eingefärbt wurden. Und der helle Hintergrund, also quasi mein keramisches Fotopapier, ist nicht einfach nur weiß oder hellgrau, sondern trägt die dunklen Effekte vom Rakubrand. Alles noch viel spannender!