Der alte Töpferofen in Bruch
So lange schon wollte ich ihn mir mal anschauen und letztens habe ich es dann endlich auch gemacht. An einem Tag, der viel zu schön und sonnig für die Werkstatt war, habe ich mein Rad geschnappt und bin zum alten Töpferofen in Bruch gefahren.
Bruch gehörte mit weiteren Gemeinden der Umgebung wie Niersbach, Binsfeld, Herforst und Speicher zu einer Gegend, wo es hochwertige und große Tonvorkommen gab und sich darum ein Töpferhandwerk entwickelte. Nachgewiesenermaßen wurde dort schon von den Kelten Keramik in größerem Maßstab hergestellt, zur Römerzeit gab es ein riesiges antikes Industriegebiet zwischen Speicher und Herforst, wo vor allem alltägliche Gebrauchskeramik sowie Transportgefäße wie Amphoren hergestellt wurden.
Im Mittelalter kam es zu einer Wiederbelebung und durch Kontakte zu anderen Keramikzentren wie z.B. in Ostbelgien (Raeren), der Köln-Bonner Gegend und dem Westerwald verbreiteten sich Innovationen wie die Salzglasur in all diesen Gebieten. Denn bei obigem Ofen handelt es sich um einen sogenannten Kannenofen, einem Ofentyp, der seit der Neuzeit zum Brennen von salzglasiertem Steinzeug genutzt wurde.
Erst ab dem 16. Jahrhundert war die Ofenbautechnik in Europa so weit entwickelt, dass man deutlich höhere Temperaturen als 1000° erreichen konnte. Die sind nötig, um sogenanntes Steinzeug herzustellen. Steinzeug nennt man Keramik, die so hoch gebrannt ist, dass sich die Poren beim Brennen schließen, die Keramik ist also ohne Glasur dicht und geht auch nicht so leicht kaputt, wie niedrig gebrannte. Die Salzglasur gibt auch keine Schadstoffe ab und ist unempfindlich gegen Säuren, also optimales Geschirr für den Haushalt und die Vorratshaltung.
Die Tür auf diesem Foto führt zu den Feuerstellen, also in den Raum, von dem aus der Ofen beheizt wurde.
Und so sieht der Feuerraum von innen aus. Zwei Feuerstellen und mit solchen 1m langen Scheiten wurden die gefüttert. In der Endphase eines Brandes 25 Stück pro Feuerstelle alle 15 Minuten.
Und das ist die darüberliegende Brennkammer, also der Raum, in dem die Keramik gebrannt wurde. Durch die Schlitze im Boden zog das Feuer von den darunterliegenden Feuerungen nach oben durch die im Brennraum aufgebaute Ware, die Öffnungen oben im Gewölbe waren dann der Abzug. Aber nicht nur das. Da in dem Töpferofen in Bruch salzglasiertes Steinzeug hergestellt wurde, wurden die Öffnungen auch dafür gebraucht, beim Erreichen der Endtemperatur von über 1200° Kochsalz in den Ofen zu schaufeln. Bei dieser Temperatur spaltet sich das Kochsalz NaCl, das Natrium reagiert mit der glühenden Oberfläche der Keramik und bildet dabei die Glasur. Das Chlor entweicht als Chlorgas. Ja, umweltmäßig gesehen nicht so toll. Aber das Ergebnis, das salzglasierte Steinzeug, war das Hochwertigste, was man in Europa zu der Zeit herstellen konnte.
Das ist dann die Ansicht von oben, diese Tür ist der Eingang zur Brennkammer. So ein schönes Schutzdach hatten die alten Kannenöfen übrigens auch immer, es war schon wichtig, dass so ein Brennofen wenigstens ein bisschen vor der Witterung geschützt wurde.
Zu den besten Zeiten des Brucher Töpferhandwerks gab es wohl 6 Öfen in dem kleinen Ort plus einem kleineren Brennofen, der zur Herstellung von Tonpfeifen (also solche zum Rauchen, nicht zum drauf Pfeifen, wie ich sie mache) genutzt wurde. Die Gemeinde hat den alten Töpferofen in Bruch im Jahr 1990 aus einem Schutthaufen restauriert und es macht mich sehr froh, dass er so schön erhalten ist. Denn zu der Zeit, also ab 1989, machte ich im nicht weit entfernten Töpferort Speicher meine Ausbildung und zwar in einer Töpferei, die genau so einen Ofen noch ganz normal benutzte. Nur war der etwa doppelt so groß. Und leider gibt es den heute nicht mehr.
Aber wenn Sie den Kannenofen in Speicher in Aktion sehen wollen, darüber habe ich vor ein paar Jahren mal geschrieben. Auf den Bildern zu diesem Beitrag kann man sich auch besser vorstellen, wie so ein Ofen gefüllt aussah:
www.schemehl.de/verschwundene-orte-die-toepferei-willems-speicher/
Außerdem gibt es auf youtube einen schönen Film, der Ende der 1970er Jahre in Speicher in der Töpferei gedreht wurde und in dem natürlich auch der Brennofen gezeigt wird, leider nicht beim Brennen, sondern nur beim Ausräumen: